Samstag, 24. September 2016

Alle gegen die Pflege

Was ist denn da schon wieder los?

Ich habe vor ein paar Tagen einen SZ Artikel zur Situation der Krankenhäuser in München gelesen, der mich einfach nicht loslässt.
Der Artikel fing vielversprechend an um mich dann am Ende erstaunt und wütend zurückzulassen. Am Anfang ging es darum, dass die Münchener Krankenhäuser sich um Pflegepersonal bemühen müssen und dass sie dabei mittlerweile allerlei Sonderkonditionen bieten müssen um überhaupt noch Fachkräfte binden zu können.
Ich war entzückt, endlich ist es in Deutschland dazu gekommen, dass begriffen wird, Pflege ist ein Arbeitnehmermarkt. Es bewegt sich was, dachte ich.
Und dann das:

"Der runde Tisch ist erst der Einstieg in ein komplexes Thema. Mir ist wichtig, dass die Kliniken nun miteinander reden und sich nicht auf dem Arbeitsmarkt gegenseitig die Kräfte streitig machen", sagte Jacobs. Das Problem, gute Kräfte dauerhaft in der Stadt zu binden, kennen zumindest die meisten Betreiber. Doch konkrete Zahlen über die Situation in München gibt es nicht. Die eigenen Zahlen kennen alle Krankenhäuser, die der Konkurrenten eher nicht. Deshalb spendiert die Stadt zum Start des runden Tisches 100 000 Euro für ein eine exakte Analyse der Situation."

Eine Aussage der Gesundheitsreferentin der Stadt München.

Dass sich Arbeitgeber zusammen schließen um sich nicht gegenseitig dass Leben schwer zu machen, ist ja okay. Aber dass die Politik und Verwaltung dieses anstößt und auch gleich noch Geld dazu gibt, lässt mich fassungslos zurück....

Die Politik, die ständig von der armen Krankenschwester spricht, für die sich die schwere Arbeit wieder lohnen muss, will dass die Marktgesetze nicht gelten. Ich finde schon das hat echt Geschmäckle. Man versucht aktiv ein Bündnis der Arbeitgeber zu schmieden um den Forderungen der Arbeitnehmern etwas entgegen zu setzen. Anstatt die Zeichen der Zeit zu erkennen und zu begreifen, der Pflegenotstand ist da, wird analysiert und gegen die Arbeitnehmer gemauert.

Sicher, die Stadt München betreibt Kliniken, daher ist es ihr eigenes Interesse, dass sie nicht jeden Preis mitgehen wollen. Also wird hier aktiv versucht in den Markt einzugreifen. Es geht ums Geld nicht um die Pflegekräfte.
Wie ist es denn mit der immer so viel beschworenen Nachhaltigkeit?
Man will also Personal rekrutieren ohne mehr Geld in die Hand zu nehmen?
Man glaubt, man könnte so die Situation verbessern?
Wohl kaum!

Es ist Zeit, dass endlich erkannt wird, die Pflege kann ganz Deutschland in den Würgegriff nehmen wenn sie nur will! Da helfen auch keine 100.000 Euro für eine Analyse nichts. Wir sind zu wenig und das kann man nicht allein durch eine Ausbildungsoffensive ändern. Denn wenn danach die Kollegen schreiend weglaufen, weil die Bezahlung Mist ist, die Arbeitsbedingungen unerträglich, die Freizeit immer öfter unterbrochen wird und man letztendlich nur noch für den Arbeitgeber lebt, dann muss das Übel an der Wurzel gepackt werden.
Faire Bedingungen, faire Bezahlung, planbare Freizeit und vor allem Respekt gegenüber den Mitarbeitern. Dann könnte es was werden. So, liebe Freunde aus München, ist das nur der klägliche Versuch Gras auf einem Minenfeld zu sähen, das man selbst angelegt hat durch jahrelanges Wegsehen.

Aber bitte, macht nur weiter so! Das dicke Ende kommt bestimmt.

Euer

Garcon de Piss


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich würde den Beteiligten nicht gleich das Schlimmste vom Schlimmsten unterstellen, aber ich hab da einfach mal eine Anfrage an rgu@muenchen.de geschrieben, ob es nicht sinnvoll wäre zumindest Gewerkschaften und Berufsverbände mit an den Tisch zu holen. Ähnliche Anfragen habe ich an Ver.di (bezirk.muenchen@verdi.de) und an den DBfK-Südost geschickt (suedost@dbfk.de)
Für den Fall, dass es jemand auch tun möchte ;-)

Garcon de Piss hat gesagt…

Die Idee die dahinter steckt finde ich schon interessant bis bedenklich. Die Pflege wird immer wieder als teurer Ballast dargestellt oder zumindest in die Richtung geschoben. Qualifikation wird oft unterbewertet (siehe Texte von @pflegewecker) Ich habe einfach das Gefühl, dass Pflege in vielen Dingen politisch und gesellschaftlich nicht im besten Licht da steht. Womit ich keinesfalls sage es ist Schuld der Gesellschaft. Im Gegenteil, die Pflege ist gefordert sich einzusetzen um das zu ändern.

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